Schottlandurlaub mit dem E-Auto

Wunderschönen guten Tag. Nachdem man im Internet eine Menge mehr oder weniger nützliche Informationen zum Reisen mit dem Elektroauto findet, möchte ich hier mal von meinen Erfahrungen berichten, die ich bzw. wir im Sommer 2023 bei einem zweiwöchigem Schottlandurlaub mit meinem Stromer gesammelt habe.

Vorweg aber gleich ein Hinweis. Ich weiß, dass es eine Menge Befürworter aber auch genug Gegner der Elektromobilität gibt. Ich sehe es eher so, dass es aktuell nicht pauschal festgelegt werden kann, welche die bessere Antriebstechnik ist, da dies von vielen Faktoren abhängig ist und nur individuell betrachtet werden kann. Ich selbst bin mittlerweile ein eindeutiger Befürworter der Elektromobilität, kann aber durchaus verstehen, dass man beispielsweise ohne eine sinnvolle Möglichkeit zuhause kostengünstig zu laden lieber noch auf einen Verbrenner setzt. Aber genug dazu …

Fahrzeug:

Bei meinem Fahrzeug handelt es sich um einem Hyundai Kona, Baujahr 2022, mit 64kWh Batterie, mit dem man bei einer vernünftigen Fahrweise (Tempomat, 120-130kmh) und vollgeladenem Akku mal gut 350-400km am Stück Autobahn fahren kann. Nachdem der Kona zwar schon etwas Stauraum bietet, wir aber für die Dauer des Urlaubs mehr Gepäck hatten, als wir in dem Wagen unterbringen konnten, wurde er für den Urlaub zusätzlich noch mit einer Heckbox (Thule Arcos Box L) ausgestattet, welche auf der Anhängerkupplung montiert wird und einen zusätzlichen Stauraum von 400 Liter bzw. 50kg schafft. Der Kofferraum des Kona hat laut Hersteller ein Fassungsvermögen von 374 Liter, die Heckbox hat das Ladevolumen somit sozusagen verdoppelt, wodurch unser Gepäck (zwei große Reisetaschen, Kinderwagen, Kinderbett, Spielsachen, Verpflegung, …) problemlos untergebracht werden konnten. Als alternative zu der Heckbox habe ich anfangs auch über eine Dachbox nachgedacht, dies aber aufgrund des zu erwartenden Mehrverbrauchst von ca. 20% und der damit einhergehenden geringeren Reichweite verworfen. Zusammen mit den drei Insassen war der Kona dann gut beladen, eine vierte Person hätten wir aber vermutlich auch noch unterbringen können.

Planung der Route:

Unser Urlaub sollte uns in die schottischen Highlands führen, in denen wir in der nähe von Edinburgh sowie in der Nähe von Inverness Ferienhäuser bzw. Ferienwohnungen gebucht hatten. Da die Reise wie bereits erwähnt mit dem eigenem PKW angetreten werden sollte, erfolgte die Überfahrt über Nacht mit der Fähre zwischen Ijmuiden in den Niederlanden und Newcastle in Großbritannien. Startpunkt der Reise, ein paar Kilometer neben Würzburg (Unterfranken).

Für die Planung der Strecke bzw. möglichen Ladepausen wurde für eine möglichst genaue Fahrzeug auf Google Maps sowie zur Orientierung und ungefähren Planung der Ladepausen auf ABRP (A Better Routeplaner) zurückgegriffen.

Laden:

Da neben dem eigentlichem Reiseziel bzw. der Route ist die Möglichkeit zum Laden der wichtigste Punkt bei einer Reise mit dem Stromer. Die Standorte der Ladestationen lassen sich, sofern man die richtigen Anbieter bzw. Betreiber herausfindet, sehr zuverlässig über das Internet herausfinden. Bei den meisten Ladestationen, besonders bei den Schnellladern, lässt sich neben dem Standort sogar der aktuelle Zustand (verfügbar, belegt, defekt, …) online abfragen.

Für das Laden in Deutschland nutzen wir in der Regel eine Ladekarte der EnBW, welche auch in einigen Nachbarländern wie zum Beispiel den Niederlanden, Belgien oder Frankreich an vielen Ladestationen funktioniert, leider aber nicht in Großbritannien. Für Großbritannien haben wir folgende Anbieter nutzen können:

  • ChargePlace Scotland (Ausschließlich in Schottland, dafür aber auch mit der ein oder anderen Schnellladestation in den schottischen Highlands)
  • Bonnet (Zugriff auf viele Ladestationen in der EU sowie in Großbritannien, gerade in den schottischen Highlands jedoch nicht ganz so gut vertreten)
  • EVCharge (ausschließlich in England und nur AC-Ladestationen)

Mit diesen drei Anbietern sowie der Ladekarte der EnBW war das Laden an den öffentlichen Ladesäulen kein Problem.

Nachdem es in den Highlands etwas weniger öffentliche Ladestationen gibt bzw. sich diese meist nicht dort befinden, wo man übernachtet, haben wir mit unseren Vermietern der Ferienhäuser im Vorab abgesprochen, dass wir das Auto über Nacht an einer Steckdose laden können. Da man bei dem Notladegerät des Konas den Ladestrom (6A, 8A, 10A, 12A) einstellen kann, sollte dies mit dem passendem Adapter problemlos an den Steckdosen in Großbritannien funktionieren, die man mit maximal 13A belasten darf.

Rechnerisch ergibt sich hier eine Ladeleistung von 2,7 kW, womit man bei einer Ladung über Nacht (ca. 12 Stunden) zumindest ca. 32 kWh laden kann, womit man den Akku des Kona um 50% füllen kann und ungefähr einer Reichweite von 230km entspricht. Für die Abrechnung dient ein zwischengeschalteter Stromzähler.

Hinreise Teil 1:

Die erste Reiseetappe bestand aus ca. 600km bis zur Fähre. Die reine Fahrzeit wurde nach Google Maps inkl. der Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage eine Zeit von 6 Stunden (laut ABRP ca. 5 Stunden und 30 Minuten) benötigt. Über ABRP wurde ermittelt, dass es für die Strecke bei einem zu 100% geladenem Akku und einem Akkustand von 25% bei Eintreffen an der Fähre drei Ladestopps mit einer gesamten Ladezeit von einer Stunde benötigt werden, wobei der von ABRP angesetzte Verbrauch von 19,3 kWh/100km gefühlt etwas hoch angesetzt war, aber sicher ist sicher, gerade da ich den möglichen Mehrverbrauch durch die Heckbox überhaupt nicht einschätzen konnte. Laut ABRP ist für die Strecke inklusive den Ladevorgängen eine Zeit von ca. 6 Stunden und 30 Minuten erforderlich. Aufgrund diese Infos haben wir für die Fahrt bis zur Fähre 7 Stunden und 30 Minuten angesetzt.

SoC AbfahrtSoC AnkunftDistanzLadungLadedauer
Abfahrt100 %
1. Ladepause76 %47 %222 km21,8 kWh28 Minuten
2. Ladepause41 %17 %250 km20,3 kWh19 Minuten
Ankunft17 %123 km
Summe595 km42,1 kWh47 Minuten
(Ladevorgänge – Fahrt Wohnort -> Fähre)

Aus meiner Sicht war die Zeitangabe von ABRP sehr genau, denn ohne folgende zwei Faktoren hätten wir es wohl sogar schneller geschafft als von ABRP berechnet:

  • Bei der ersten Ladepause an der Rastanlage Montabaur war lediglich ein 150kW Schnelllader mit zwei Anschlüssen sowie ein 50kW Schnelllader mit einem Anschluss vorhanden. An dem 150kW Schnelllader war einer der Anschlüsse jedoch defekt und der andere wurde von einem Polestar blockiert, der dort sogar noch Stand, als er schon auf 100% aufgeladen war. Da die ersten 15 Minuten nach Ankunft auch der 50kW Lader belegt war, konnte der Ladevorgang erst mit 15 Minuten Verzögerung und dann auch nur mit dem 50kW Lader begonnen werden. Dadurch ist es zu einem Zeitverlust von ca. 30 Minuten gekommen.
  • Eine Baustelle im Raum Köln mit einer Umleitung und dem damit verbundenem Stau bzw. zähfließendem Verkehr hat nochmals. ca. 30 Minuten gekostet.

Ohne diese beiden Faktoren wäre eine Fahrzeit inkl. Ladepausen von 6 Stunden und 15 Minuten realistisch gewesen, durch die beiden genannten Faktoren waren wir 7 Stunden und 15 Minuten unterwegs, aber damit muss man unabhängig von der Antriebsart bei jeder Reise rechnen.

Für die 595 km wurde eine Energie von 95,22 kWh benötigt, was einen durchschnittlichen Verbrauch von ca. 16,0 kWh/100km entspricht. Auf der Autobahn in Deutschland sind wir in der Regel ca. 120-130km/h gefahren, zumindest soweit es der Verkehr zugelassen hat. Ab der Grenze in die Niederlande ist die Geschwindigkeit auf der Autobahn auf 100km/h begrenzt. Laut den Angaben des Kona betrug die durchschnittliche Geschwindigkeit knapp über 100 km/h.

Hinreise Teil 2:

Nachdem die Fahrten in Großbritannien im einzelnem nicht über die Reichweite eines vollständig geladenem Akkus hinaus gehen und die Ankunftszeiten nicht ganz so kritisch sind, haben wir keine genauen Fahrstrecken bzw. Ladepausen geplant. Nach der Ankunft in Newcastle upon Tyne haben wir bereits ein paar km nach dem Verlassen der Fähre eine Ladepause eingebaut, diese jedoch für ein ausgiebiges Mittagessen bzw. einen Spielplatzbesuch für unsere Tochter genutzt, so dass der Kona bei Abfahrt quasi wieder vollständig aufgeladen war. Von dort aus ging es mit dem ein oder anderem Zwischenstopp zu unserem erstem Ferienhaus in Glendevon.

SoC AbfahrtSoC AnkunftDistanzLadungLadedauer
Abfahrt17 %
1. Ladepause99 %15 %13 km60 kWh75 Minuten
Ankunft39 %276 km
Summe289 km60 kWh75 Minuten
(Ladevorgänge – Fähre -> 1. Ferienhaus)

Für die 289 km wurde eine Energie von ca. 39,7 kWh benötigt, was einen durchschnittlichen Verbrauch von 13,9 kWh/100km entspricht. Was sich hier sofort im Verbrauch bemerkbar macht ist die durchgehende Geschwindigkeitsbegrenzung auf ca. 112 km/h auf den Autobahnen. Die 276 km am Stück waren daher kein Problem.

Tagesausflüge:

Da wir wie bereits unter dem Punkt Laden erwähnt das Auto über Nacht an der Steckdose laden konnten, konnten wir jeden Tag mit nahezu vollständig geladenem Akku starten. Für die Tagesausflüge war dies sehr entspannt, da wir uns kaum Gedanken um den Füllstand machen mussten. Meist sind wir am Tag zwischen 100 km und 200 km, wodurch wir den Kona nur selten unter 50% entladen haben. Auch die Reise von Ferienhaus zu Ferienhaus gestaltete sich daher als sehr unproblematisch.

Rückreise Teil 1:

Die Rückreise zum Fährterminal in Newcastle upon Tyne gestaltete sich aufgrund der „kurzen“ Fahrstrecke (ca. 206km) von unserem letzten Ferienhauses in der Nähe von Edinburgh als sehr entspannt, da wir auch hier den Kona über Nacht haben aufladen können und somit mit voll geladenem Akku starten konnten. Auf dem Weg lang noch eine Sehenswürdigkeit, die wir uns anschauen wollten. Dort gab es zufällig eine Ladestation, jedoch lediglich AC und nur einphasig, wodurch die Ladeleistung bei knapp über 4kW lag. Dadurch haben wir den Akku zwar gerade mal um 10% auffüllen können, für die Weiterfahrt am nächsten Tag von der Fähre zurück Nachhause aber sicherlich kein Fehler.

SoC AbfahrtSoC AnkunftDistanzLadungLadedauer
Abfahrt17 %
1. Ladepause87 %77 %122 km7 kWh120 Minuten
Ankunft71 %84 km
Summe206 km7 kWh120 Minuten
(Ladevorgänge – Rückfahrt zur Fähre)

Rückreise Teil 2:

Die Rückfahrt von Ijmuiden startete nicht mit vollem Akku, wodurch sich die Ladezeit auf der Rückreise etwas verlängerte. Auch die Tatsache, dass wir bei der ersten Ladepause einen etwas längeren Stopp eingelegt haben um etwas zu Mittag zu essen und bei der zweiten Ladepause aufgrund eines defekten Schnellladers die halbe Ladezeit nur an einem 50kW Schnelllader geladen haben.

Hier hätten wir sicherlich einige Zeit sparen können, nachdem wir bei der Rückfahrt aber keinen wirklichen Zeitdruck hatten, haben wir uns bei den Pausen nach uns und nicht nach dem Auto gerichtet. Etwas anders geplant hätten wir in Summe ca. 60 Minuten zum Laden vollkommen ausgereicht.

SoC AbfahrtSoC AnkunftDistanzLadungLadedauer
Abfahrt71 %
1. Ladepause89 %59 %71 km25,5 kWh39 Minuten
2. Ladepause72 %22 %311 km41,5 kWh45 Minuten
Ankunft21 %236 km
Summe618 km67 kWh84 Minuten
(Ladevorgänge – Heimfahrt von Fähre)

Zusammenfassung:

In Summe sind wir in dem zweiwöchigem Urlaub 3830 km gefahren und haben dabei eine Energie von 575 kWh verbraucht, was einem durchschnittlichem Verbrauch von 15,01 kWh/100km ergibt. Die Menge der verbrauchten Energie stammt nicht von den Angaben des Kona sondern wurde bei den einzelnen Ladevorgängen ermittelt, wodurch die Verluste beim Laden bereits mit berücksichtigt wurden. Der verbrauchte Strom hat uns in Summe ca. 230 Euro gekostet, was ungefähr 6 Euro auf 100 km entspricht.

Alles in allem war der Urlaub mit dem Stromer sehr entspannt und unkompliziert, auch wenn es für die Hinreise bzw. Rückreise etwas mehr Planung und Zeit in Anspruch nimmt. Die notwendigen Ladepausen sind, gerade wenn man mit einem kleinem Kind unterwegs ist, eher entspannend als hinderlich.

Die Fahrten im Urlaub waren dank dem nächtlichen Laden absolut unkompliziert, da man sich überhaupt keine Gedanken über das Aufladen hat machen müssen.

Wovon wir auch sehr positiv überrascht waren, war der nicht spürbare Einfluss auf den Verbrauch durch die Heckbox bzw. die Beladung des Fahrzeuges.

Einem weiterem Urlaub mit dem Stromer steht daher nichts im Wege =)


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